Designfehler

- oder wie der Wurm in den Fiero kam -

von Oliver Scholz

Pontiac wird oft vorgeworfen, mit dem Fiero ein Auto gebaut zu haben, das Probleme nur so anzieht. Bis jetzt gab es dafür nur empirische Beweise in Form von unerklärlichen Phänomenen.

Im Laufe der Jahre habe ich das elektrische System des Fieros sehr gut kennengelernt, und im Fiero stecken mindestens vier separate Designfehler, die zu komischem Verhalten führen können. Nicht alle Fehler sind in allen Baujahren vorhanden, aber vielleicht wird dem einen oder anderen manches Problem bekannt vorkommen, und vielleicht läßt sich damit manches merkwürdige Verhalten erklären.

Die zappelnde Öldruckanzeige

Das ist nicht direkt ein elektrischer Designfehler. Tatsächlich ist das das Resultat aus einem mechanischen Designfehler, der ein elektrisches Problem nach sich zieht. Das Problem ist, daß der Öldruckgeber auf V6 Fieros mit Klimaanlage nicht gerade ideal plaziert ist, nämlich vertikal auf einem Verlängerungsrohr. Das Wasserablaufloch im Stecker läßt jetzt das Wasser herein statt heraus, und das bleibt dann auf dem Sensor stehen, dringt irgendwann in den Sensor ein, und dieser verrostet dann von innen heraus.

Das Resultat ist die zappelnde Öldruckanzeige, die viele von uns kennen. Beim 85er ist das Problem selten vorhanden, weil die Nadel mechanisch gedämpft ist, so daß man das zappeln nicht sieht. Wenn der Sensor einmal kaputt ist, hilft nur Austausch, aber der neue Sensor wird wieder kaputtgehen, wenn man nicht die Ursache beseitigt: das Ablaufloch sollte mit Silikon o.ä. abgedichtet werden. Das alleine aber hilft auch nicht, daher hat GM im Geheimen eine Abschirmung unter der Bestellnummer 1009 6127 entwickelt, die auf dem Sensor montiert und ebenfalls mit Silikon abgedichtet wird. Für den 1988er empfiehlt GM übrigens, das Verlängerungsrohr komplett zu entfernen, und den Sensor mittels ein paar Adaptern über dem Klimakompressor im 45 Grad Winkel zum Block zu montieren. Der Kabelbaum muß dazu auch geändert werden. Warum das für 1985-1987 Fieros aber nicht empfohlen wird, weiß ich leider nicht.

Die hängende Temperaturanzeige

Wer dieses Problem kennt, weiß wovon ich rede: die Temperaturanzeige schwingt bei jedem Startvorgang auf die 12 Uhr Position und bleibt da oft hängen. Da hilft dann nur ein beherzter Schlag aufs Armaturenbrett, damit die Anzeige wieder stimmt. Die Schuld wird meistens einem defekten Anzeigeinstrument gegeben, und Abhilfe würde nur ein neues Instrument schaffen. Nun, das stimmt so nicht ganz.

Der Grund ist auch hier ein Designfehler. Es ist nämlich so: der Zündschalter hat eine sogenannte "Lampentest" Position, kurz bevor der Anlasser geschaltet wird. Diese Position hat keine Raste. In dieser Position werden verschiedene Schaltkreise nach Masse geschlossen, um verschiedene wichtige Warnlampen leuchten zu lassen. Der Sinn ist, eine defekte Glühbirne so zu erkenne (nach dem Motto: Da hat doch gestern noch was geleuchtet). Daher der Name.

Irgend jemand bei Pontiac hat (absichtlich oder unabsichtlich) diese Testschaltung benutzt, um die Temperaturanzeige anstatt der Temperaturlampe zu steuern. Vielleicht deshalb, weil die Kabelfarben für beide Schaltkreise die gleichen sind. Das Resultat ist, daß beim Starten des Wagens, wenn der Schalter die Lampentest Position erreicht, die Anzeige auf "total heiß" springt. Das testet nicht die Genauigkeit der Anzeige, sondern nur, ob sie überhaupt geht. Aber wenn man den Wagen ein paar Meter fährt, sieht man das auch so, nämlich wenn sich die Nadel langsam zu bewegen beginnt. Also ist dieser Test zwecklos. Andererseits bekommt man nicht mit, wenn die Temperaturwarnlampe defekt ist, weil die nicht getestet wird. Na toll.

Ist die Temperaturanzeige in Ordnung, verhindert ein eingebauter Dämpfer plötzliche Bewegungen, also verhindert er auch, daß die Anzeige nach ganz oben springt. Fällt der Dämpfer aber aus, kommt es zu dem beschriebenen Problem. Die Lösung ist die, die Kabel in der Nähe des Zündschloßsteckers zu trennen und neu zu verdrahten. Dann testet der Lampentest die Temperaturlampe, so wie es eigentlich geplant war, und die Temperaturanzeige funktioniert prima mit wie ohne Dämpfer. Der Umbau ist im Internet ausführlich beschrieben, und kostet praktisch nichts.

Die mysteriöse Fußraumbeleuchtung

Geht die Fußraumbeleuchtung an, wenn man das Radio einschaltet? Geht das Radio nur, wenn die Deckenbeleuchtung aus ist? Das Problem ist nichts als eine durchgebrannte Sicherung, aber der Grund liegt tiefer. Erraten: Noch ein Designfehler (jaja, diese amerikanischen Ingenieure ;-). Damals, im Jahre 1984, hatten alle Fieros eine gemeinsame Sicherung für Radio, Zigarettenanzünder und Innenbeleuchtung. Aus irgendeinem Grund bekamen später Innenbeleuchtung, Kofferraumauslösung und Zentralverriegelung eine eigene Sicherung (an sich ja ein lobenswerter Einfall). Aber wieder einmal hat einer nicht aufgepaßt, wahrscheinlich am Montagmorgen oder vielleicht Freitagnachmittag.

Also wurde die Fußbodenbeleuchtung zusammen mit Radio und Zigarettenanzünder an die "BAT"-Sicherung gelegt, aber die übrige Innenbeleuchtung blieb an der "CTSY/LID"-Sichering. Alle diese Lampen haben eine gemeinsame Verbindung nach Masse über diverse Schalter. Das ist deshalb so, damit alle Lampen angehen, wenn man z.B. eine Tür aufmacht. Das Problem ist, wenn einer der beiden Schaltkreise seine Sicherung aus irgendeinem Grund durchbrennt, und keine der Lampenschalter geschlossen ist, holt sich der defekte Schaltkreis sich seine Spannung durch die Glühbirnen vom anderen Schaltkreis. Also, wenn z.B. die BAT-Sicherung durchbrennt (z.B. durch einen Groschen im Zigarettenanzünder), bekommt das Radio immernoch Strom durch die Lampen. Wenn man das Radio dann lauter dreht, zieht das Radio so viel Strom, daß die Lampen davon angehen können. Wenn man dann aber die Tür aufmacht, wird das Radio kurzgeschlossen, und die Lampen leuchten hell auf.

Solange beide Sicherungen okay sind, läuft alles prima. Aber wenn man auf der Suche nach einem defekten Verbraucher ist, der die Batterie entleert (beide Schaltkreise haben Dauerstrom), muß man wissen, daß die beiden Schaltkreise verbunden sind. Und auf eine defekte Sicherung kommt man oft nicht, weil ja eigentlich alles funktioniert. Man kann zu Diagnosezwecken die Schaltkreise trennen, indem man C200 trennt (in Nähe des Sicherungskastens, es gehen weiße und orange Kabel in den Stecker). Will man dauerhaft Abhilfe schaffen, muß man das orange Kabel, das in Splice S210 geht auftrennen, und mit Splice 125 verbinden.

Das komische Bremswarnlicht

Dieses Problem hat Bruce D. Walters entdeckt. Es hängt mit der Bremswarnleuchte und der Kofferraumentriegelung zusammen. Pontiac's Idee war ursprünglich, daß die Kofferraumauslösung nicht funktionieren soll, wenn die Handbremse nicht angezogen ist (das gilt nur für Schaltgetriebe-Fieros). Der Handbremsenschalter gibt die Masseverbindung für das Kofferraumrelais, und wenn der Schalter offen ist, zieht das Relais nicht an.

Das Problem ist, daß der Handbremsschalter auch für die Bremswarnleuchte da ist, und daß die Kofferraumauslösung immer Spannung führt, der Bremswarnlichtkreis aber nicht. Also, wenn die Zündung aus ist und die Handbremse ist nicht angezogen, dann fließt der Strom durch die Kofferraumrelaiswicklung und dann durch die Bremswarnleuchte in das restliche Auto, selbst, wenn die Zündung aus ist! Dabei kann dann die Bremswarnleuchte ganz dunkel glimmen, und es werden verschiedene Schaltkreise mit Spannung versorgt, die eigentlich aus sein sollten. Ein unwichtiger Seiteneffekt ist der, daß die Kofferraumauslösung trotzdem geht, wenn die Handbremse nicht angezogen ist, aber der Bremswarnschalter im Hauptbremszylinder geschlossen ist (was aber zugegebenermaßen nicht oft vorkommt. Aber naja).

Abhilfe hätte eine billige Diode geschafft, die diese beiden Schaltkreise trennt. Und die Diode ist sogar da, aber am falschen Ort: direkt vor der "Ding-Ding-Ding"-Box. Die Diode stört da zwar nicht, bringt aber auch nichts. Eigentlich hätte die Diode zwischen der Bremswarnlampe und Bremswarnschalter auf der einen Seite und den Handbremsenschalter und die Kofferraumauslösung auf der anderen Seite diese Diode gehört. Dann würde alles so funktionieren, wie es soll.

Leider ist dieser Umbau ziemlich aufwendig, so daß Bruce eine geniale Idee hatte: Er hat den Lampensockel so modifiziert, daß eine Diode in Reihe zur Glühbirne liegt. Eine einfache Abhilfe, die dafür sorgt, daß der Strom durch die Lampe nur in der gewünschten Richtung fließt, aber umgekehrt nicht das ganze Auto versorgt werden kann.


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